
Wenig Aussagen gehen mir stärker auf den Keks als folgende und ähnliche: „Mein Hund soll ein Kumpel sein und nicht ein überkonditionierter Befehls-Befolger“.
Kumpel klingt so schön…
Ach wie schön klingt es doch, wenn man sagt, dass sein Hund ein „Kumpel“ sei – welch schöne Bilder bauen sich da vor dem geistigen Auge auf: Gemeinsam im Nebel über die Felder ziehen, an einem Fluss sitzen, Stöckchen werfen, gemeinsam nass, schmutzig und glücklich nach Hause kommen und sich hinlegen und ausruhen. Sich ansehen und einfach nur zufrieden sein. Das ist auch toll – wunderbar ist das. Und genau so soll es auch sein. Nur…
Was ist ein Kumpel?
Ich habe willkürlich ein paar Menschen gefragt, was sie von einem Freund, einem Kumpel denn so erwarten. Und siehe da: „Auf einen Kumpel/Freund muss ich mich verlassen können, wenn ich ihn brauche, muss er für mich da sein. Er darf mich nicht hintergehen und er muss zu mir halten, mich unterstützen und gemeinsam mit mir durch dick und dünn gehen. Wenn es wichtig ist, muss er mir helfen und nicht erst Fragen stellen.“
Was für einen Kumpel hätten Sie den gerne?
Sie haben ein Problem, sie müssen dringend irgendwohin und brauchen Hilfe. Sie rufen Ihren Kumpel an und der sagt Ihnen, dass er grad furchtbar beschäftigt sei mit seiner Playstation und grad nicht könne, weil er grad wichtigeres im Kopf habe, als Ihnen zu helfen… Sie könnten ihn ja noch ein paar Mal anrufen, vielleicht käme er bei Gelegenheit auf Ihren Wunsch zurück.
Der andere Bekannte, den Sie anrufen lässt alles stehen und liegen und eilt Ihnen zu Hilfe – klar, das ist kein Kumpel, das ist ein blöder Befehl-Befolger… So einen wollen Sie nicht. Schon klar.
Ein Kumpel kann auch erzogen sein
Andere Situation, Sie gehen mit Ihrem Kumpelhund spazieren und geniessen den gemeinsamen Tag. Herrlich. Nichts muss er, alles darf er, kein Abruf – halt wie man es gerne hätte. Nur dass jetzt plötzlich so eine vermaledeite Katze (alternativ Eichhörnchen, Wiesel, Fuchs, Fasan, etc.) vor ihnen auftaucht. Sie können sich natürlich jetzt über ihren Kumpel freuen, der trotz Ihres Rufens sofort abhaut und erst wieder kommt, wenn er eingesehen hat, dass er das Vieh nicht erwischen wird – hoffentlich hat er es nicht über die Strasse, die Bahngeleise oder was auch immer gejagt, oder sie können schwarz ärgern, dass Sie nur einen erzogenen Hund haben, der auf ein „Nein“ bei Ihnen bleibt und dann weiter munter und ausgelassen mit Ihnen seinen Tag geniesst. Hätten Sie doch bloss einen Kumpel, und nicht so einen blöden Befehls-Befolger!
Ein billiges – und falsches – Wortspiel
Wer „Kumpel“ und „Befehls-Befolger“ als Charaktereigenschaften an die entgegengesetzten Enden einer Skala stellt, der bedient sich eines ganz billigen rhetorischen Tricks: er vergleicht Dinge, die miteinander gar nichts zu tun haben. Das Gegenteil von einem Befehls-Befolger ist nämlich keineswegs ein Kumpel, sondern ein Befehls-Verweigerer. Und ein Kumpel zeichnet sich keineswegs dadurch aus, dass er einfach jeden Befehl ignoriert…
Bild: Bigstockphoo
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