
Seit ein paar Tagen wird die Meldung „Wolf tötet Hund in Hoyerswerda“ durch die Presse gereicht – und in den einschlägigen Foren entsprechend heiß diskutiert. Auf der einen Seite steht die angebliche Aussage eines Tierarztes, der den toten Hund – einen Schäferhund – gesehen haben und die Bißspuren klar einem Wolf zugeordnet haben soll, auf der anderen Seite stehen zahllose Leute, die nichts gesehen haben, aber aufgrund irgendwelcher Indizien schwerste Zweifel an der Aussage hegen.
Berichterstattung: „tendenziöse Wortwahl“ ist wohl milde ausgedrückt
Wer den Bericht im Wochenkurier liest muss sich schon ein wenig über die Wortwahl wundern: „.. kniet traurig vor ihrem Udo“… „schrecklich zugerichtet“ … „fehlen ganze Fleischfetzen“. Allerdings wollen wir hier nicht verschweigen, dass Hundehalter in sehr vielen Fällen genau in dieser Tonalität von ihrem Tier sprechen und dass, wenn ein Hund zu Tode kommt, die entsprechende Trauer beim Besitzer bzw. Halter durchaus verständlich und angemessen ist.
Dennoch bleibt beim Lesen des Berichtes ein ungutes Gefühl zurück, denn es wird auch klar, dass der Verlust des Hundes wohl weniger schwer wiegt als die Angst, dass „der Wolf“ jetzt plötzlich so nah ist. Und die Aussage der Leiterin der Tierpension, dass es darum gehe, endlich klar zu machen, wie nahe „der Wolf“ schon sei, weil dies oft von den Wolfsbefürwortern verharmlost und totgeschwiegen werde, weist auch nicht darauf hin, dass hier eine rationale Betrachtungsweise oberste Priorität hat.
Das erste Mal – eine außergewöhnliche Situation
Der Tierarzt selbst bezeichnet laut Pressebericht die Situation als außergewöhnlich und einzigartig. Über den Satz, dass „eine neue Hemmschwelle überschritten worden sei“ kann man wiederum streiten – ganz falsch ist er insofern nicht, als das für alles gilt, was zum ersten Mal vorkommt. Gemeint ist er wohl, wenn er denn so gesagt wurde, wohl anders.
Auf der anderen Seite ist die Tonalität auch nicht objektiver
Dass ein solcher Artikel die Emotionen hochkochen lässt, ist klar – und war mit Sicherheit auch den Redakteuren klar. Und genau so kam es. Die entsprechenden Facebook-Seiten sind mehrheitlich mit genauso emotionalen Aussagen gefüllt. Von „Mein Hund hätte es dem Wolf aber gezeigt“ bis hin zu „Das waren garantiert zwei Hunde und man will was vertuschen“ – genauso gibt es natürlich die Aussage: „Wussten wir es doch. Wölfe. Sehr gefährlich.“
Was sagt Dr. Peter Bresan?
Wir haben bei Dr. Peter Bresan, dem zitierten Tierarzt nachgefragt. Nach eigenen Angaben war er zufällig vor Ort (wegen eines Pferdes) und wurde von der Leiterin der Tierpension auf den toten Hund angesprochen – im Sinne von „Gott sei dank, dass Sie da sind“. Er habe sich den Hund angesehen und festgestellt, dass der Hund erstens tot sei, dass zweitens ein starker Kampf stattgefunden habe und drittens der Hund angefressen sei. Er habe einen Verdacht geäußert, dass das ein Wolf gewesen sein könnte – eine definitive Aussage könne aber erst gemacht werden, wenn die Untersuchungen abgeschlossen seien, die Gen-Analyse vorliege und weitere Indizien zusammengetragen worden seien. Aus seiner Sicht spreche vieles dafür, aber es sei und bleibe vorerst ein Verdacht. Mehr nicht. Und mehr sage er dazu auch nicht.
Wir halten fest: Nach eigener Aussage wurde Dr. Bresan nicht gerufen, sondern war zufällig vor Ort und es ist eine zufällige Übereinstimmung von Zeit und Ereignis, dass die Leiterin des Tierheimes gerade dann – bzw. kurz davor – den toten Hund fand, als der Tierarzt da war.
Was für Situationen sind theoretisch denkbar?
Version 1: Es war ein Wolf. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein Wolf einen Hund töten kann. Wölfe kommen im fraglichen Gebiet vor – es könnte also sein. Es könnte sein, dass der Wolf in das Gehege eingedrungen ist, dass der Hund (und keiner der anderen Hunde) angeschlagen hat, dass der Wolf mit dem Hund kämpfte, gewann, ein paar Bissen aus dem Hund riss und wieder verschwand. Dass das zum allerersten Mal passiert ist, macht es nicht unmöglich, aber auch nicht sehr wahrscheinlich.
Version 2: Es waren zwei Hunde. Wir überlassen die Interpretation der Rissbilder den Fachleuten – was in einem Kampf auf engem Raum alles möglich ist zu interpretieren auch. In diesem Fall fehlt irgendwie der zweite Hund… aber gut, wir sprechen von theoretischen Möglichkeiten. Es wäre theoretisch möglich, dass ein zweiter Hund involviert wäre. Dass man den zweiten Hund nicht findet, macht diese Theorie nicht automatisch falsch, aber natürlich auch nicht richtig.
Version 3: Es war zwar ein Wolf, aber nicht im Gehege. Nur mal ein Gedanke… der Hund läuft draußen rum, wird von einem Wolf gerissen. Oder zumindest schwer verletzt – der Hund wird gefunden oder schleppt sich zurück, stirbt und irgendjemand will nicht, dass die „Tür offen gelassen wurde“… Dagegen spricht, dass es heftige Kampfspuren gegeben haben soll… Aber wir sind ja bei den theoretischen Möglichkeiten.
Version 4: Es ist ein Fake. Kein schöner Gedanke – aber wir bleiben bei der rein theoretischen Betrachtungsweise. Ein stärkeres Argument gegen Wölfe als einen tödlichen Angriff im Inneren eines Geländes wird man im Moment schwerlich finden können. Dass in der Vergangenheit Menschen bereit waren, mit mehr als nur unlauteren Mitteln Argumente für ihre Sicht der Dinge zu schaffen, macht Version 3 nicht zwingend wahr, aber auch nicht falsch.
Warum wehren sich Wolfsbefürworter so sehr gegen Version 1?
Man kann geteilter Meinung sein, ob Wölfe nach Deutschland gehören oder ob nicht – wir finden: ja. Nun ist auch klar, dass Wölfe sich Nahrung beschaffen müssen – einige Schäfer können ein Lied davon singen. Und es wird nicht ausbleiben, dass es irgendwann mal zu einer Konfrontation zwischen Hund und Wolf kommt – dass es gerade die in Hoyerswerda sein soll ist zwar unwahrscheinlich, aber immerhin theoretisch möglich. Für keinen Hundebesitzer ist es schön, wenn sein Tier von einem Wolf gerissen wird – aber es liegt im Bereich des Möglichen. Warum also gibt es so wenige Wolfsbefürworter, die sagen: „Mal abwarten, aber es könnte sein…“ Wahrscheinlich deshalb, weil dem Wolf in den letzten Jahren tatsächlich Unmengen von Gräueltaten angedichtet wurden für die er gar nicht verantwortlich war – und weil man ahnt, dass es Leute gibt, die für ein starkes Argument gegen Wölfe durchaus zu, sagen wir mal, zweifelhaften Aktionen fähig sind.
Die emotionalen Rundumschläge tun der Sache nicht besonders gut – von beiden Seiten. Allerdings ist es angebracht, kritisch bis sehr kritisch den ganzen Fall zu verfolgen, denn bis jetzt ist es tatsächlich so, dass der Mensch ein viel stärkerer Feind für den Wolf ist als umgekehrt.
Fazit: Das wird böse enden
Egal, war rauskommt – ein Verlierer ist jetzt schon klar. Nein zwei: Der Schäferhund und der Wolf. Der zweite wird nicht ungeschoren davon kommen. Es ist zu befürchten, dass alleine schon der Verdacht, dass ein Hund von einem Wolf getötet wurde ausreicht, um dem Vorfahren der Hunde noch mehr nachzustellen und ihm noch mehr Untaten zuzuschreiben.
Bild: Bigstockphot / Nik Sorokin
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