Ein – zumindest aus menschlicher Sicht – höchst unappetitliches Thema. Die meisten Hundehalter schätzen es nicht besonders, wenn ihr Vierbeiner die organischen Hinterlassenschaften anderer Tiere verspeist, aber die meisten Hundehalter machen auch einen Unterschied zwischen den Ausscheidungen von Pflanzenfressern und Alles- bzw. Fleischfressern. Während das genüssliche Fressen eines Pferdeapfels in einigen Fällen noch mit einer gewissen Akzeptanz betrachtet wird, schlägt diese meistens in totale Ablehnung um, wenn der Hund Kot von Artgenossen oder vom Mensch frisst (Allein dieses eigene Verhalten wäre übrigens schon ein Hinweis darauf, dass das manchmal vorgebrachte Argument: „Warum soll ich den Hundekot wegnehmen, die Pferdehalter machen das bei ihren Tieren ja auch nicht“ ziemlich hinkt).
Warum aber fressen Hunde überhaupt Kot?
Das Fressen von Exkrementen nennt man Koprophagie – und das kann verschiedenste Ursachen haben: Mangelerscheinungen sind eine, aber auch beziehungsbezogene Ursachen kommen in Frage. Auch wenn sich das viele Hundhalter schön reden: Kotfressen gehört nicht zum normalen Verhalten eines Hundes (und auch nicht zu dem eines Wolfes, von kurzen Phasen im Welpenalter abgesehen): Die Verdauung eines Hundes ist im Dünndarm praktisch abgeschlossen – im Gegensatz zum Nager bildet der Dickdarm des Hundes keine Nährstoffe und scheidet somit auch kaum mehr verwertbare Elemente aus.
Grund 1: Fehlende Nährstoffe
Es ist tatsächlich möglich, dass ein Hund deswegen Kot frisst, weil es ihm „gut tut“, weil ihm bestimmte Nährstoffe fehlen oder dass es sich zu einer Gewohnheit entwickelt hat, weil er im Welpen- und/oder Jugendalter unter einer Mangelernährung litt. Allerdings muss man sagen, dass das nicht sehr wahrscheinlich ist – jedenfalls nicht bei Hunden aus einer guten Zucht. Und auch das permanenten Füttern mit Fertigfutter führt nicht zu einer Mangelernährung. Aber: es kann sein – Hunde, die vernachlässigt wurden nutzen zu Recht jede Möglichkeit, sich zu ernähren. Und wenn sie sich mal dran gewöhnt haben gibt es für sie keinen Grund, davon abzuweichen.
Grund 2: Territorialverhalten
Eine – aus unserer Sicht sehr seltene – Ursache könnte ein übersteigertes Territorialverhalten sein. Hunde versuchen dann die Markierung von Artgenossen zu entfernen. Sollte dieses Verhalten vorliegen, so dürfte der Hund das Kotfressen allerdings nur im eigenen Revier (oder in dem, was er dafür hält) zeigen und dann auch nur gegenüber Exkrementen von Artgenossen.
Grund 3: Aufmerksamkeitsproblem
Grundsätzlich finden Hunde Exkremente wohl lecker – und aus Hundesicht muss so ein Haufen auch etwas ganz Besonderes sein, wenn man bedenkt, was für einen Bohei der Mensch drum macht. Kaum frisst der Hund Kot, kriegt er die volle Aufmerksamkeit, ganz offenbar scheint der Haufen für den Menschen genau so wichtig zu sein. Der Hund bekommt also durch sein Verhalten Aufmerksamkeit und wird entsprechend dieses Verhalten möglichst oft zeigen, um auch möglichst oft diese Aufmerksamkeit zu erhalten.
Grund 4: Frustration
In überfüllten Zwingern mit schlechter Hygiene kann Koprophagie aber auch aus Frust auftreten – hier wäre die Abhilfe, zumindest theoretisch, einfach: größere Zwinger und bessere Hygiene sowie Beschäftigung. Hunde aus schlechter Haltung neigen allerdings häufiger dazu, das Verhalten des Kotfressens beizubehalten oder es zumindest in Stresssituationen quasi als Übersprungshandlung zu zeigen.
Grund 5: Neugierde
Gilt vor allem für Welpen – da sind sie nicht anders als Kinder: Stecken sich alles in den Mund. Kein Grund zur Aufregung. Das wird sich – wenn nicht ein anderer Grund dazukommt – sehr schnell wieder legen.
Grund 6: Erkrankungen
Insbesondere eine Unterfuktion der Bauchspeicheldrüse oder auch starker Wurmbefall können zu Kotfressen führen – der Hund kann die zugeführten Nährstoffe nicht mehr verwerten, magert ab und nutzt jede Gelegenheit, Nahrung zu bekommen. Nicht direkt unter das Kapitel „Erkrankung“ aber auch körperlich bedingt gehört die Koprophragie bei Hochleistungshunden: Schlittenhunde, Windhunde, aber auch andere neigen manchmal nach Höchsleistungen zum Kotfressen. Man geht davon aus, dass damit einfach schnellstmöglich der Energieverlust wettgemacht werden soll.
Der gesundheitliche Aspekt von Kotfressen
Ob man gerne von einem Hund abgeleckt wird, der grade Kot gefressen hat – ob man überhaupt gerne von einem Hund abgeleckt wird oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Nicht von der Hand zu weisen sind allerdings die gesundheitlichen Risiken des Kotfressens für den Hund. Während vor rund 100 Jahren und in der unberührten Wildnis das gesundheitliche Problem noch vernachlässigt werden konnte, gilt das heute nicht mehr. Insofern greift auch die Argumentation: „Das ist ein natürliches Verhalten und deshalb zu tolerieren“ zu kurz.
Gefahr 1: Erhöhte Wurmgefahr
Unabhängig davon, welche Art von Kot der Hund frisst: Das Risiko, sich mit Würmern oder anderen Parasiten wie Salmonellen anzustecken ist auf jeden Fall höher, als wenn er keinen Kot frisst – das Risko ist auch höher, wenn er daran schnuppert, aber immer noch geringer als wenn er frisst. Auch wenn die Würmer von artfremden Tieren für Hunde nicht ansteckend sind bleibt grundsätzlich ein gesunheitliches Risko durch Kotfressen bestehen.
Gefahr 2: Wurmkuren / Medikamente
Eine zugegebenermaßen geringe Gefahr, aber vorhanden. Gerade Wurmkuren bei Pferden hinterlassen in den Pferdäpfeln Medikamentenspuren. Diese können im schlimmsten Fall für den Hund gesundheitsschädlich sein – allerdings ist kein Fall bekannt, in dem ein Hund daran gestorben wäre. Die Wirkung ist hängt natürlich auch von der Größe ab, sowohl von der des Hundes als auch von der des Pferdapfels.
Gefahr 3: Drogen
Nicht lachen. In Berlin sind einige Hunde mit einem echten Flash in die Tierklinik eingeliefert worden, weil sie Exkremente von Drogensüchtigen gefressen haben. Die Hunde waren ziemlich high und nicht mehr zurechnungsfähig – alle haben es überlebt, aber so richtig gesund ist es wohl auch nicht. Außerdem bricht beim Menschen gerne Panik aus, weil die Symptome von der einer Vergiftung (die es ja eigentlich auch ist) nicht zu unterscheiden sind.
Was tun gegen Kotfressen?
Verbieten! Wir hören schon das Lachen… ja wie denn? Man kann „mechanische“ Maßnahmen ergreifen: Maulkorb und Schleppleine. Während der Maulkorb keinerlei erzieherischen Charakter hat sondern den Hund einfach nur hindert, kann die Schleppleine als verlängerter Arm zumindest den Eindruck machen, Herrchen hätte Einfluss. Das kann bei sensiblen Hunden – verbunden mit einem „Nein“ – manchmal schon reichen, jedenfalls nach einiger Zeit.
Abhilfe 1: „Chemische“ Mittel
Einige Hundehalter schwören auf die „chemische Keule“: sprich Tabasco, Senf oder sonst etwas, was der Hund überhaupt nicht mag. Ziel ist es, ein Vermeidungsverhalten zu erreichen, das den Hund einen großen Bogen um einen Kothaufen machen lässt. Erfolg: meistens sehr mäßig. Es ist sehr fraglich, ob der Hund die Verknüpfung Tabasco – ich soll nicht an den Haufen macht. Viel wahrscheinlicher ist es, dass er auf mehrere Meter entfernung riecht: Aha, ein „schlechter“ Haufen und „aha ein guter Haufen“. Er wird sich sogar möglicherweise nach ein paar Tabasco-Einsätzen etwas vorsichtiger dem Kot nähern, dann aber umso begeisterter darüber herfallen, wenn er merkt dass er nicht „vergiftet“ ist- Erfolg: gleich Null – und laufen Sie mal vor dem Hund mit einer Tabascoflasche im Park rum…
Abhilfe 2: Nahrungsergänzungsmittel
Helfen nur dann, wenn die Ursache des Kotfressens wirklich eine Mangelernährung ist. Also selten. Es berichten allerdings einige Hundehalter von einer Besserung des Verhaltens nach Verabreichung teurer Ergänzungsfuttermittel. Muss jeder selbst herausfinden – besser, nachhaltiger und Ziel führender wäre:
Abhilfe 3: Erziehung
Sie können über positive Verstärkung arbeiten: Sprich mit Leckerchen – nehmen Sie aber gute, so ein Pferdapfel ist unglaublich verlockend. Die Gefahr: Sie ziehen sich einen Hund heran, der bei jedem Haufen und jedem Pferdapfel stehen bleibt und sein Leckerchen einfordert.
Sie können klickern. Jedes Mal, wenn der Hund keinen Kot frisst können Sie klickern.
Sie können es dem Hund aber auch einfach verbieten. Sie sind der Chef. Punkt. Dieser verflixte Haufen gehört mir. Ich lasse den Hund nicht dran. Ich bestimme, dass der Haufen mir gehört und da liegen bleibt wo er ist und dass mein Hund hier aber grad gar nichts verloren hat. Wie war das noch mit der konsequenten Erziehung? An jedem Haufen, den man sieht bleibe ich stehen. „Meins!“ Sobald der Hund darauf zugeht, wird er abgedrängt. „Nein. Meins.“ Im Prinzip nichts anderes, als bei jedem anderen Verhalten, das man nicht will. Von mir aus tagelang, wochenlang: Haufen? „Meins“ – der Hund wird abgedrängt (nicht weitergezerrt). Wenn Sie der Chef sind, dann wird er das kapieren. Der eine früher, der andere später. Wenn Sie nicht der Chef sind, dann ist das Kotfressen sowieso nicht Ihr dringendstes Problem. Sollten sie nicht so ganz konsequent sein, dann lassen sie es besser gleich ganz bleiben – dann verlieren Sie nämlich nur: An Ansehen in den Augen ihres Hundes und an Geduld.
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