In letzter Zeit macht vermehrt die Schreckensmeldung die Runde, dass Hunde gestorben seien, nachdem sie Pferdeäpfel gefressen hätten – Pferdeäpfel von frisch entwurmten Pferden. Was ist dran an dieser Meldung?
Panik ist nicht angebracht – Vollständige Entwarnung auch nicht
So gerne man diese Meldung ins Reich der Märchen stellen würde – leider ist es kein so genannter Hoax, keine wirkliche Falschmeldung. Allerdings ist Panikmache nicht angesagt, denn es braucht schon eine verflixt blöde Kombination, dass ein Pferdeapfel einem Hund tatsächlich zum tödlichen Verhängnis wird.
Betroffen sind nur MDR 1-Defekt Träger
Hunde, die den MDR 1-Defekt tragen reagieren tatsächlich überdurchschnittlich heftig auf bestimmte Arzneimittel, da diesen Tieren eine so genannte Blut-Hirn-Schranke fehlt, welche verhindert, dass Wirkstoffe ins Hirn übergehen. Zu den Medikamenten, welche bei Hunden mit diesem Gendefekt besonders starke Wirkungen verursachen gehören die Entwurmungsmedikamente mit Ivermectin- oder Moxidectin-haltigen Präparaten. Trägerhunde (MDR 1+/-) reagieren bereits auf weniger als 20mg mit leichten Vergiftungserscheinungen, betroffene Hunde (MDR -/-) können an der gleichen Wirkstoffmenge sterben.
Nun finden sich die knapp 20mg Wirkstoff selten in einem oder auch in mehreren Pferdeäpfeln – dennoch bleibt für MDR 1-betroffene Hunde ein gewisses Risiko.
MDR 1-Defekt: Überreaktion auf bestimmte Medikamente
Der MDR 1-Defekt ist ein Erbdefekt der zu einer Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Medikamenten führt. Grund dafür ist die Aufhebung der so genannten Blut-Hirn-Schranke, die verhindert, dass Medikamente von der Blutbahn direkt ins Hirn gelangen. Wird diese Schranke umgangen oder funktioniert sie nicht, können Arzneimittel beim betroffenen Tier zu gravierenden Nebenwirkungen bis hin zum Tod führen. Hunde mit dem MDR 1-Defekt sind oftmals gegenüber zahlreichen Medikamenten überempfindlich. Ob ein Hund betroffen ist kann nur durch eine Blutuntersuchung nachgewiesen werden.
Rassen, die besonders vom MDR 1-Defekt betroffen sind
Vom MDR 1-Defekt betroffen sind vor allem Rassen, bei denen irgendwann mal ein Collie eingezüchtet wurde – man vermutet, dass dieser Gendefekt auf einen einzigen Hund aus dem 19. Jh. zurückgeht. Heute sind vor allem folgende Rassen betroffen – die Zahlen in Klammern zeigen, wie viele % der Rasse ein Allel tragen, also zumindest Träger dieses Gendefektes sind: Kurzhaar Collie (68), Collie Langhaar (55 – 57), Longhaired Whipped (42-65), Australian Shepherd, Miniature (20-50), Shetland Sheepdog (7-35), Silken Windhound (18-30), Australian Shepard (17-46), McNab (17-30), Wäller (17-19), Weißer Schäferhund (14), Old English Sheepdog (1-11), English Shepherd (7-15), Deutscher Schäferhund (6-10), Boder Collie (1-2) – vereinzelt wurde das Allel auch schon bei Belgischen Schäfern nachgewiesen (Quelle: Institut für Pharmakologie und Texikologie, Fachbereich Vetrinärmedizin, Universität Giessen).
Weitere Auswirkungen des MDR 1-Defektes
Noch sind längst nicht alle Auswirkungen des MDR 1-Defektes erforscht. Als gesichert scheint mittlerweile, dass trotz des oftmals nachweisbaren tieferen Cortisol-Spielgels bei MDR 1-Hunden dieses wenige Cortisol die Blut-Hirn-Schranke ebenfalls umgeht und damit zu erhöhter Stressanfälligkeit, Hyperaktivität und Angstaggressionen führen kann. Die Symptome sind damit oftmals ähnlich wie beim Morbus Cushing.
Wer sich weiter informieren möchte, findet auf der Seite www.mdr1-defekt.de detailliertere Informationen.
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