Wenn zwei Hunde aufeinandertreffen – fast ausschließlich geschieht das bei Rüden – kann etwas passieren, was man Kommentkampf nennt, und was jedem Hundebesitzer den Angstschweiß auf die Stirne treibt. Die beiden Rüden stehen Seite an Seite – die Haare hochgestellt, ein Knurren aus tiefstem Brustkorb – und man ahnt: gleich knallt es. Aber richtig.
Kommentkampf – „richtig“ kämpfen
Der Begriff Kommentkampf stammt vom französischen „comment“ ab – heißt in Etwa also: „Ein Kampf, wie man sich verhalten soll“. Es ist ein ritualisierter Kampf, der dazu dient, die Rangordnung zwischen den beiden Rüden festzulegen, Streitigkeiten auszufechten und Aggressionen zu kanalisieren. Den Begriff „spielerisches Kämpfen“ benutzen wir hier absichtlich nicht, denn mit einem Spiel hat das nichts zu tun – es ist ernst. Nur halt nicht blutiger Ernst. Meistens jedenfalls. Allerdings ist der ritualisierte Kommentkampf keineswegs harmlos – nur eben viel harmloser als ein Beschädigungskampf: Prellungen, ein gelochtes Ohr und ein paar Bisswunden können aber immer vorkommen – im Vergleich zu einem „echten“ Beschädigungskampf sind das allerdings Lappalien.
Der Kommentkampf sieht beängstigend aus
Man muss schon sehr geübt und erfahren sein, um beim Anblick zweier Rüden die sich lautstark drohen nicht in Angst und Schrecken zu verfallen – noch mehr gilt das, wenn die Kontrahenden erst mal aufeinander los gegangen sind. Was dann abgeht hat mit „Schaukampf“ aus menschlicher Sicht nichts aber auch gar nichts zu tun.
Auch ein Kommentkampf kann gefährlich werden
Jeder Kommentkampf – auch wenn er ritualisiert ist und mit der Absicht beginnt, das Risiko ernsthafter Verletzungen zu verhindern – kann kippen und in einen echten Beschädigungskampf abgleiten – und dann geht es durchaus um Leben und Tod. Dieses Entgleiten passiert meistens aus drei Gründen:
Mangelnde Erfahrung / Sozialisierung
In einem Kommentkampf werden die gleichen Verhaltensmuster benutzt wie bei einem „echten“ Kampf – um zu zeigen, dass es eben doch nur ein Ritual ist, müssen die Rüden ihre Angriffs-Symbolik deutlich übertreiben um zu zeigen: „Ich könnte, will aber nicht“. Ein Beispiel ist das Tief-Stellen des Vorderkörpers vor einer Aktion, die sonst als echter Angriff intepretiert werden könnte. Versteht nun ein Hund – aus welchen Gründen auch immer – dieses vorgelagerte „was jetzt kommt, ist kein echter Angriff“ nicht – dann wird er sich verteidigen und den „Angreifer“ unter umständen schwer verletzen. Der wiederum versteht die Welt nicht mehr, hat er doch deutlich gesagt, dass er nicht angreifen werde – die falsche Antwort wird umgehend mit einer echten Attacke bestraft. Und schon haben wir einen Beschädigungskampf aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei verletzte Hunde hervorgehen.
Zwei etwa gleich starke Rüden
Wenn zwei ungefähr gleich starke Rüden aufeinandertreffen, dann wird der Kommentkampf zwar meistens geregelt ablaufen, das Ende wird aber kompliziert. Denn es gehört nun mal dazu, dass sich einer unterwirft. Wenn keiner nachgibt, hört der Kampf auch nicht auf und irgendwann kippt das Ritual in einen ernsthaften Kampf um – mit den oben genannten Folgen.
Kommunikationsfehler
Kann passieren – auch bei gut sozialisierten Hunden mit Erfahrung können Situationen auftreten, in denen das „Spiel“ kippt. Ein klassisches Beispiel ist das „vergessene“ Kopfwegdrehen: Ein Hund, der einen anderen unterworfen hat wird bei einem Kommentkampf den Kopf wegdrehen und ihm quasi die verwundbare Kehle präsentieren – damit schwächt der stärkere der beiden Rüden die Unterwerfungsgeste ab. „Vergisst“ der Rüde nun diese Geste wird sich der unterlegene Hund wehren – muss er, denn jetzt liegt er ja nicht mehr spielerisch auf dem Rücken, sondern empfindet echte Lebensgefahr. Und schon sind wir wieder mitten im Beschädigungskampf.
Bei einem Beschädigungskampf hat jeder Hund die Absicht, den anderen möglichst schwer zu verletzen. Ein Beschädigungskampf endet auch nicht mit einer Beschwichtigungsgeste – sondern nur durch Flucht, Erschöpfung oder Tod. Und ein Beschädigungskampf kann sich blitzschnell entwickeln – siehe: Kommunikationsfehler.
Das regeln die unter sich
Ja, das tun Hunde, wenn man sie lässt. Aber warum sollten sie? Der Leithund gibt vor, wann ein Kampf stattfindet – und ganz sicher nicht der rangniedrigere. Man kann Kommentkämpfe nicht immer vermeiden – schon gar nicht wenn man einen Rüden hat. Dennoch sollte man den Auseinandersetzungen großräumig aus dem Weg gehen. Dieses Verhalten ist übrigens keine Feigheit – Hunde kennen diesen Begriff nicht – sondern Klugheit: Denn der Leithund sorgt sich um sein Rudel und tut alles, um Risiken zu vermeiden. Ein Kampf findet nur statt, wenn es gar nicht anders geht. Und es geht fast immer anders.