
„Ich kenne jemanden, der füttert seine Hunde seit Jahren vegan – und die sind alle bei bester Gesundheit; das ist der Beweis, dass vegane Ernährung gut ist für Hunde.“ Wer kennt diese Argumente nicht. Genau so gut kann man argumentieren, dass man jemanden kenne, der seit 50 Jahren raucht und sich bester Gesundheit erfreut – ein Beweis für die Unschädlichkeit von Zigaretten ist so eine einzelne Erfahrung natürlich überhaupt nicht.
Ist vegane Ernährung gesund für Hunde?
„Die vegane Ernährung ist in jedem Fall besser als die „normale“ Ernährung“ – dieser Satz steht hier. Und er ist in seiner Absolutheit natürlich vollkommener Blödsinn. Selbstverständlich ist vegane Ernährung überhaupt nicht in jedem Fall besser als „normale“ Ernährung. Wer so absolut argumentiert, verschließt sich bewusst einer zielführenden Diskussion um gesunde, artgerechte und sinnvolle Ernährung von Hunden. Vegane Nahrung per se ist nicht gesund für den Hund.
Ist Fleisch gesund für Hunde?
Diese Frage kann in der gleichen Absolutheit ebenfalls mit „Nein“ beantwortet werden: Fleisch per se ist nicht gesund für den Hund. Ebenso wenig wie Obst, Gemüse, Getreide, Eier, oder sonst irgendetwas. Nichts, aber auch gar nichts ist einfach so gesund oder nicht gesund. Es kommt immer darauf an…
Nur gesunde Nahrung ist gesund für den Hund.
Ob Nahrung für einen Hund gesund ist oder nicht hat erst Mal gar nichts damit zu tun, ob diese Nahrung vegan, fleischhaltig, vegetarisch oder nach biodynamischen Gesichtspunkten angebaut ist. Nahrung ist dann gesund, wenn sie alle physiologischen Bedürfnisse eines Hunde erfüllt. Nicht mehr oder weniger – dass dieser Gesundheitsbegriff natürlich sehr kurz greift, steht auf einem ganz anderen Blatt: feinstoffliche und gefühlte Gesundheitsaspekte werden so natürlich nicht berücksichtigt.
Wie war das noch mit den Wölfen?
Immer wieder – nicht nur beim Futter – müssen Wölfe dafür herhalten, Vorlieben, Angewohnheiten und bestimmte Verhaltensweisen bei Hunden zu erklären. Auch und gerade beim Futter. Und auch hier kommt es immer wieder zu rhetorischen Fehlleistungen: Peta beispielsweise schreibt: „Auch was die Gesundheit angeht, liegt der Nutzen … auf der Hand, besteht doch das im Hundefutter verarbeitete Fleisch zumeist aus minderwertigen Bestandteilen, die für den menschlichen Genuss nicht mehr akzeptabel sind.“ Diese Argumentation würde ja gerade dafür sprechen, den Hund mit klassischem Hundefutter zu ernähren, denn erstens fallen so keine oder weniger Abfälle an (es sei denn, die ganze Welt würde sich fleischfrei ernähren) und zweitens würde das „minderwertige“ Fleisch ja genau dem Fressverhalten der Wölfe entsprechen, die ja auch nicht nur Filet und Rückenstück gefressen haben – sondern alles. Und damit eben auch das „minderwertige“ Fleisch – das, nebenbei bemerkt, gar nicht minderwertig ist. Grüner Pansen ist sogar sehr hochwertig.
Was ist „natürlich?“
„Natürlich“ ist ein Begriff, der fast immer positiv wahrgenommen wird. So auch in der Ernährung: Wir folgern: Weil der Wolf Fleisch gefressen hat, ist es natürlich – und da natürlich gut ist, muss es auch gut sein, wenn der Hund Fleisch frisst.“ Aber so einfach ist es nicht. Erstens ist der Hund kein Wolf mehr und zweitens ist „natürlich“ nur „natürlich“ und nicht „gut“. Das Argument „natürlich“ greift auf jeden Fall zu kurz – und zwar auf beide Seiten, denn es ist selbstverständlich auch nicht „natürlich“, sich als Mensch an den Computer zu setzen und über den Sinn oder Unsinn veganer Hundeernährung zu schreiben.
Wolf vs. Hund
Hunde und Menschen leben seit mehreren tausend Jahren in einer Symbiose – irgendwann haben sich die Vorfahren unserer Hunde immer näher an den Siedlungen der Menschen aufgehalten. Die Gründe dafür mögen vielfältig gewesen sein, die vereinfachte Nahrungssuche war sicher ein relevanter Vorteil: Menschen hinterließen Abfall und die „Früh-Hunde“ konnten sich zumindest einen Teil der Jagd sparen und sich einfacher ernähren. Von Abfällen, nur um das nochmals zu verdeutlichen. Mit der Zeit erkannte der Mensch in den Tieren das Potenzial zum eigenen Nutzen (z.B. Schutz vor Bären) und nun begann die Domestizierung. Da die Hunde jetzt noch näher beim Menschen lebten übernahm dieser zunehmend die Aufgabe der Versorgung, sprich der Fütterung. Es wäre aber vollkommen irrig zu glauben, der Mensch hätte den Hund mit dem Besten gefüttert, was zur Verfügung stand – immer noch bekamen Hunde vor allem die Abfälle zu fressen. Und die bestanden mit Bestimmtheit nur zum kleinsten Teil aus Fleisch (das als besonders wertvoll galt), und wenn, dann auch nur aus den Stücken, die der Mensch nicht mehr essen konnte oder wollte. „Abfall“ ist also nicht zwingend ein Begriff, der in der Hundeernährung negativ bewertet werden muss. Viele Hofhunde weltweit werden bis heute so ernährt – und leben ganz gut damit. Die Hunde haben sich mit der Zeit an eine „menschliche Ernährung“ gewöhnt, und auch die Fähigkeit entwickelt, besser mit dieser Ernährungsart zurecht zu kommen als ihre Vorfahren.
Der Hund, ein Allesfresser
Was für den Wolf noch stimmte, stimmt für den Hund schon lange nicht mehr. Der Hund ist kein Fleischfresser, er ist ein so genannter funktionaler Allesfresser. Das heißt, er frisst – und verträgt – fast alles. Auf Grund seiner Geschichte im Umfeld des Menschen durfte er nie wählerisch sein: was irgendwie nach Fressbarem aussieht oder riecht (oder stinkt) wird erst Mal gefressen. Bleibt es im Magen wird es wohl tauglich sein, wenn nicht wird es halt wieder erbrochen – möglicherweise ist es jetzt fressbar? Nochmals überprüfen, wäre ja schade drum… sehr interessant und ausführlich auch bei TA Ralph Rückert hier nachzulesen.
Das Ganze Geschrei um ausgewogene Ernährung kann man sich also eigentlich sparen – es ist überhaupt nicht notwendig, dass jede einzelne Mahlzeit „ausgewogen“ ist. Es ist auch nicht schlimm, wenn Sie dem Hund mal ihre Essensreste geben (ok, nicht zu scharf) und es ist auch keine Katastrophe, wenn er mal einen weggeworfenen Döner frisst (natürlich gibt es auch giftige Stoffe und Nahrungsmittel – Rosinen, Weintrauben, Avocados, rohe Nachtschattengewächse, Zwiebeln und noch einiges mehr und natürlich Medikamente). Aber wir schweifen ab…
Was ist nun geeignetes Hundefutter?
Hundefütterung ist längst mehr als ein neutral diskutiertes Thema. Fast unversöhnlich stehen sich die Fraktionen BARFer und Fertigfutter-Fütterer gegenüber, ebenso stur ist die Fraktion der „getreidefreien“, dann gibt es noch die Verfechter von „hochwertigem“ Futter und solche die „Billigfutter“ für vollkommen ausreichend halten – und jetzt kommen noch die Veganer und Vegetarier dazu. Im Wissen, dass es bei den wenigsten Hundehaltern eine gedankliche Veränderung geben wird, sei doch folgendes gesagt: Es ist mittlerweile fast schwieriger, einen Hund ungesund zu ernähren, als gesund. Mit jeder der oben aufgeführten Methoden kann ein Hund gesund ernährt werden, und mit jeder der oben aufgeführten Methoden auch ungesund.
Kann man jetzt einen Hund vegan gesund ernähren?
Ja, man kann. Selbstverständlich kann ein Hund die notwendigen Stoffe (Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Spurenelemente, Vitamine etc.) durch vegane Ernährung zugeführt bekommen. Es ist vielleicht etwas aufwändiger, aber es gibt genügend Hundehalter, die für ihre Hunde kochen oder das Futter frisch zubereiten (Barfer, beispielsweise). Aber dennoch halte ich eine vegane Ernährung eines Hundes für falsch. Nicht, weil es nicht gesund wäre, sondern weil ich überzeugt bin, dass ich dem Hund mit einer anderen Ernährung eher gerecht werde. Das (ver)schlingen eines großen Stückes Fleisch, das Kauen auf einem geeigneten Knochen, der Genuss, der ein stinkendes Rinderohr bieten kann – das alles sind Genüsse (oder profaner: Instinktbefriedigungen) die ihm eine vegane Ernährung nicht bieten kann. Im Gegensatz zum Menschen, der seine Befriedigung aus Überlegungen ziehen kann, ist der Hund ein stark instinktgesteuertes Lebewesen. Wer ihn artgerecht halten will sollte ihm deshalb die Möglichkeit geben, möglichst viele Instinkte zu befriedigen – und Fressen ist einer der stärksten. Die Aussage „Unter geeigneter veganer Ernährung leiden die Hunde nicht, im Gegenteil“ ist also einfach eine Behauptung. Körperlich höchst wahrscheinlich nicht – aber vielleicht fehlt ihnen der Genuss, die Instinktbefriedigung.
Tatsache ist, dass Fleisch nicht auf Bäumen wächst und dass Tiere getötet werden um dem Hund als Nahrung zu dienen. Wer also Tierleid vermeiden will, der möge doch Fleisch von Tieren einkaufen, die ihrerseits ein artgerechtes Leben hatten: freilaufende Hühner, Schweine, Kühe. Der möge „Abfallfleisch“ verfüttern mit Sehnen, Knorpeln, Knochen und der möge durchaus auch weniger Fleisch füttern.