„Klar – der will nur zeigen, dass er der Chef ist“. Das ist die häufigste Sichtweise des Menschen auf das Markierverhalten von Hunden – vorzugsweise von Rüden. Und entsprechend konsequent wird es verboten. Und das ist sehr oft falsch – damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich rede nicht davon, den Hund an jede Ecke pinkeln zu lassen, das ist eine Erziehungsfrage.
Markieren ist nur selten Dominanz
Eigentlich dürfen wir hier gar nicht mitreden: Wir Menschen mit unseren lächerlichen 5 Millionen Riechzellen wollen wissen, was der Hund mit seinen 200 Millionen riecht und was ihm bestimmte Düfte und damit auch Verhaltensmuster sagen? Ein Witz! Also intepretieren wir das Hundeverhalten aus unserer Sicht – und aus unserer Sicht ist öffentliches pinkeln eben nicht sehr zivilisiert. Entsprechend interpretieren wir sofort Machogehobe und Dominanzmuster rein. Und haben damit meistens unrecht.
Status anzeigen vs. Dominanz
Am ehesten mit unserem Begriff „Dominanz“ hat das Markieren dann zu tun, wenn sich zwei Hunde treffen, deren Status nicht geklärt ist. Die beiden Hunde umkreisen sich, sie imponieren sich, laufen steif und mit hochgestelltem Nackehaar herum – der „Bürste“. Sie beschnuppern sich – und dann wird markiert. Wenn einer der beiden den höheren Status des anderen anerkennt, dann wir auch nicht übermarkiert – sonst geht das Spiel erst richtig los. Irgendwann wird der Status geklärt sein und der „unterlegene“ Hund scharrt vermutlich etwas verlegen während der andere etwas weiter entfernt nochmal markiert. Dieses Verhalten hat tatsächlich mit Status bzw. mit Dominanz zu tun.
Wir sind eine große Familie
Wer auf einem Hundeplatz das Verhalten beobachtet, sieht allerdings etwas ganz Anderes: Zahlreiche Hunde markieren einer nach den anderen den selben Baum oder die gleiche Stelle. Ohne Imponiergehabe, ohne Bürste, ohne dass es zu irgendwelchen Aggressionen kommt. Ganz entspannt wird hier ein Ort im wahrsten Wortsinne markiert. Er bekommt eine Bedeutung für die Gruppe und stellt einen Ort des Zusammenhaltes dar. Also alles andere als Dominanzgehabe.
Die Visitenkarte
Wir treffen uns, wir reichen uns die Hand und wechseln ein paar Worte – Hunde können das nicht. Sie können aber markieren und zeigen damit jedem Artgenossen, wer sie sind, wie alt, wie gesund, wann sie hier waren etc. Im Gegensatz zu freilebenden Hunden und Wölfen geht es bei unseren Haushunden gar nicht so sehr darum, Grenzen abzustecken und Eindringlinge zu warnen, sondern viel mehr um klassische Kommunikation.
Locken und Vertrauen schaffen
Weibchen locken während der Läufigkeit mit ihrer Markierung die Rüden an und erklären ihnen auch gleich noch, wann es denn soweit wäre… Auf der anderen Seite beruhigt Markieren aber auch, vor allem unsichere Hunde fühlen sich wohl, wenn sie ihren Duft riechen. Deshalb markieren unsichere Hunde auch häufiger als souverände Vertreter ihrer Art. Und deswegen sind es sehr oft unsichere Hunde die zuhause markieren – wir nennen das dann einfach „nicht stubenrein“.
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