Als Hundehalter möchte man nur das Beste für seinen Vierbeiner und alles möglichst richtig machen. Deshalb informiert man sich zwar vorab über diverse Bereiche und liest vielleicht entsprechende Literatur, um in Situation „XY“ zu wissen, was zu tun ist. Was aber, wenn es dann trotzdem nicht läuft wie erhofft? Woran kann es liegen, wenn man sich doch vermeintlich richtig verhalten hat, der Hund aber dennoch anfängt bspw. an der Leine zu ziehen und zu pöbeln?
Das Stichwort heißt „Unbewusste Bestätigung“ – Es sind also oftmals die kleinen Dinge, die uns als Halter gar nicht auffallen, unserem Hund dafür aber umso mehr. Wir übertragen, meist unbewusst, durch unser Verhalten, Gedanken und die Körpersprache Stimmung auf den Hund. Das liegt daran, dass Hunde, anders als wir Menschen, nicht hauptsächlich durch Sprache kommunizieren, sondern durch Berührungen, Akustik und Optik. Zudem setzen sie auch häufig ihre feine Nase und ihren Geschmackssinn ein.
Fordern wir also ein Signal wie „Platz“, denken wir, dass unser Hund das gesprochene Wort Platz einzuordnen weiß und es umsetzen wird. Der Hund wird den Sinn hinter dem Wort an sich nicht verstehen, hat sich aber durch das vorangegangene Training, das Drumherum, den Kontext eingeprägt. Er kennt also den Ablauf, wenn ein Platz eingefordert wird. Das lässt sich visualisieren, indem wir uns vorstellen, dass unser Vierbeiner ein Foto von der Lern-Situation machen würde: Wie stehen wir? Wie ist unsere Mimik? Sind wir gut gelaunt? Greift unsere Hand schon in den Leckerlibeutelund kündigt vor der Umsetzung schon eine Belohnung an? Und Ähnliches. Unser Hund hat eine genaue Vorstellung, was wie geschieht, wenn er ein Platz ausführen soll. Führt er es nicht aus, wird vielleicht etwas anders sein als sonst. Deshalb ist es auch korrekt, dass Hunde ortsbezogen lernen, was bedeutet, dass sie z.B. eine Übung im Wohnzimmer gut und absolut sicher ausführen und im Garten überhaupt nicht mehr oder nur sehr langsam und unsicher. Für sie gehört also das Umfeld genauso zu der erlernten Übung, wie das Signal und die Körperhaltung von Herrchen/Frauchen. Hier lässt sich schon ein großer Nährboden erkennen, wie sich „Fehler im System“ einschleichen können, ganz unbewusst von außen.
In diesem Falle lässt sich das Problem noch sehr leicht lösen. Wir lassen den Ablauf Revue passieren und stolpern darüber, dass beispielsweise die Hand vor Abschluss der Übung bereits in den Leckerlibeutel wandert. Solche Kleinigkeiten lassen sich sehr schnell beheben, indem wir sie einfach in Zukunft weglassen und das Problem so ausschleichen.
Gerade Aggressionen eines Hundes können durch unbewusste Bestätigung verstärkt werden. Auch kann sich dieses Verhalten so verschlimmern, dass der Hund Freude daran entwickelt. Hierbei muss der Halter genauso analysiert werden, wie der Hund.
Haben sich gravierendere Probleme eingeschlichen, wird das Training zum Erfolg zwar etwas länger dauern, sich aber dennoch immer lohnen! Nehmen wir an, ein Hund hat eine Leinenaggression entwickelt. Sehr hilfreich wäre es, das allgemeine Verhalten des Hundes an der Leine – es muss gar nicht zum Aggressionsverhalten kommen, der normale Umgang reicht – per Kamera festzuhalten, um sie sich anschließend in Ruhe anzusehen. Sind Ihnen Handlungen aufgefallen, die im Grunde überflüssig waren? Griffen Sie etwa vorsorglich in die Leine oder schauten Sie auf den anderen Hund? Waren Ihre Gedanken „problembehaftet“, wie zum Beispiel: „Herrje, jetzt geht das Theater wieder los…?“ alles das überträgt sich auch auf den Hund. Spielen Sie Sherlock Holmes und finden Sie die unbewussten Bestätigungen.
Eine Videoanalyse kann dabei helfen, unbewusste Bestätigung in Alltagssituationen zu entdecken und diese in Zukunft zu vermeiden. Eine regelmäßige Kontrolle des eigenen Umgangs mit dem Hund ist empfehlenswert, um keine Fehler einschleichen zu lassen. Um ein richtiges Timing zu überprüfen ist eine Slow-Motion-Arbeit sehr zu empfehlen.
Bei einem „Leinenpöbler“ kann es schnell passieren, dass der Halter seinen Hund in dessen Verhalten unbewusst bestätigt hat. Schimpft der Halter mit seinem aufgeregten Hund, wird dieser denken, dass sein Herrchen/Frauchen ebenfalls sehr aufgeregt ist und ihn gegenüber dem „Staatsfeind“ unterstützt. Spricht man beruhigend mit dem Vierbeiner, kann das ebenfalls als bestätigendes Verhalten missinterpretiert werden. Am besten ist es also, dass Sie die Verantwortung übernehmen und zielgerichtet die Situation wortlos verlassen. Vergrößern Sie die Distanz zu anderen Hunden bzw. zum auslösenden Reiz und gehen Sie das Training mit einem erfahrenen, guten Hundetrainer an. Gemeinsam kann an der Problematik gearbeitet und die Situation analysiert werden. Empfehlenswert wäre es wieder, diese Begegnungen mit einer Videokamera festzuhalten, um auch die feinsten Signale zu bemerken. Es reicht schon aus, die Leine kürzer zu nehmen, weil sich ein Hund nähert, um dem eigenen Hund durch diesen Leinendruck zu vermitteln: Achtung, hier geschieht gleich etwas. Solche unbewussten Bestätigungen gilt es herauszufiltern, um diese in Zukunft zu vermeiden.
Steht ein genauer Trainingsplan, ist man allein aufgrund dessen schon konzentrierter bei der Sache und wird weniger unbewusst handeln.
Übrigens kann entgegen vieler Missverständnisse Angst nicht verstärkt werden, wenn etwas Positives hinzugefügt wird. Streicheln wir unseren Hund, wenn dieser Angst hat, tun wir ihm damit nichts Schlechtes, sondern können ihn tatsächlich etwas beruhigen, da auf diese Weise Oxytocin ausgeschüttet wird, welches ein nachweislicher Gegenspieler des Stresshormons Cortisol ist. Hat der Hund Angst, ist dieser Wert erhöht und kann durch positive Berührung – durch Ausschüttung von Oxytocin – gesenkt werden. Voraussetzung ist, dass wir nicht auch Angst empfinden, sondern stattdessen Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen. Sonst würden wir nicht glaubwürdig sein, indem wir das gleiche empfinden wie er.
Authentizität spielt also ebenso eine Rolle, wie unser Bauchgefühl und unser Verstand.
Nehmen wir uns selber etwas den Druck aus der problematischen Situation und gehen entspannt und guter Dinge in das Training, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen! Übung macht schließlich den Meister!
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