
Die erste Zecke haben wir dieses Jahr schon Ende März gesehen – was heißt gesehen: vom Hund abgeklaubt. Und wieder einmal haben wir uns gefragt, wofür die Viecher eigentlich gut sind. Für irgendwas müssen sie ja gut sein – nur wofür? Für den Hund bestimmt nicht, für den Menschen auch nicht, für Igel nicht… Alleine in Deutschland leben etwa 20 Zeckenarten und einige davon können Krankheiten übertragen, die für den Hund sehr gefährlich sein.
Zeckenschutz: von „Esoterik“ bis „Chemiekeule“
Immer, wenn es um Zecken geht – beziehungsweise um den Schutz der Hunde vor Zeckenbissen – teilt sich die Hundehalterwelt in zwei, eher sogar drei Lager: die einen verfechten den Einsatz von „externen“ Hilfsmitteln wie Bernsteinketten, ionisierten Edelstahlanhängern oder ähnlichem, die zweite Fraktion ist von „biologischen“ Wirkstoffen überzeugt wie Teebaumöl, Lavendelduft, Kokosöl oder Globuli und die dritte Gruppe der Hundehalter verlässt sich auf das, was die anderen beiden Gruppen als „Chemiekeule“ bezeichnen: Halsbänder, Spot-on’s oder Tabletten. Natürlich verficht jede Gruppe Ihre Entscheidung bis aufs Äußerste, beschimpft die andere Gruppe wahlweise als „Hundevergifter“ oder als „Esoterik-Freaks“.
Zecken sollen möglichst schnell entfernt werden
Einigkeit herrscht eigentlich nur bei einem Thema: Zecken sollen möglichst schnell vom Hund entfernt werden. Idealerweise, bevor sie zugebissen haben. Leider ist das nicht immer möglich, deshalb gilt: Nach jedem Spaziergang, immer abends den Hund gründlich nach Zecken absuchen (idealerweise am Morgen nochmals, falls man abends eine übersehen hat) und die Tiere aus dem Hund entfernen. Über die Art und Weise der Entfernung gibt es ebenfalls zahlreiche Meinungen, eine ordentliche Zeckenzange ist aber bestimmt eine sinnvolle Investition. Die Grundzüge einer Zeckenentfernung sehen Sie hier.
Zeckenempfindlichkeit ist von Hund zu Hund unterschiedlich
Es gibt Hunde, die ziehen Zecken förmlich an, andere scheinen von den beißenden Viechern ziemlich unbehelligt zu bleiben – ähnlich wie es Menschen gibt, die häufiger von Mücken gestochen werden als andere. Oftmals ist deshalb nicht klar, woran es liegt, dass ein Hund keine Zecken „bekommt“: am angewendeten Mittel oder an der individuellen Veranlagung des Hundes.
Vor- und Nachteile von Zeckenabwehrmaßnahmen
Jede(!) Art von Zeckenabwehrmaßnahmen hat Vor- und Nachteile. Wie sehr man die gewichtet hängt von der persönlichen Einstellung ab und von den individuellen Erfahrungen. Hätte ich einen Hund, der „von sich aus“ kaum Zecken anlockt, würde ich logischerweise auch mit der harmlosesten Abwehrmaßnahme zufrieden und erfolgreich sein.
Knoblauch / Zwiebeln: Im Allgemeinen gelten Zwiebelgewächse als giftig für Hunde und das sind sie in entsprechender Menge auch. Allerdings sind heute auch viele Tierärzte der Meinung, dass Knoblauch in kleinsten Mengen unschädlich sei. Dafür soll Knoblauch aber gegen Zecken und Würmer helfen. Verfechter der Methode „mit Knoblauch gegen Zecken“ argumentieren genauso: die kleinsten Mengen Knoblauch sind unschädlich für Hunde, wehren aber Zecken ab. Wissenschaftliche Studien darüber gibt es nicht. Die gleiche Argumentation kann man übrigens auch bei „Chemiekeulen“ anwenden: „Die geringe Menge an Gift schadet dem Hund nicht, der Zecke aber schon“. Im Prinzip ist Knoblauch also nichts anderes als eine Anti-Zecken-Tablette: Man führt dem Hund eine kleine Menge eines an sich giftigen Stoffes zu, ist sich aber sicher, dass die kleine Menge nur für die Zecke, nicht aber für den Hund schädlich ist.
Bernsteinketten: Bernstein – nur unbearbeiteter, echter Bernstein – soll auf Grund seines Harzduftes und der elektrostatischen Aufladung gegen Zecken helfen. Echter Bernstein lädt sich tatsächlich durch Reibung elektrostatisch auf, inwieweit das Zecken allerdings beeinflusst ist völlig unklar. Klar hingegen ist, dass Bernstein bereits seit sehr langer Zeit als vorbeugendes Heilmittel gehandelt wird: Laut Plinius dem Älteren soll Bernstein vor Fieber schützen, Hildegard von Bingen empfahl das Material gegen Magenbeschwerden und William Salomon empfahl eine Mischung von 2,3 Gramm Bernstein und 0,14 Liter Weißwein gegen Epilepsie. In den magischen Vorstellungen ist Bernstein ein Schutzstein gegen Dämonen, Hexen und Trolle – gegen das Böse also. Vermutlich kommt daher auch der Glaube, dass er auch gegen Zecken helfen könne. Und Vorsicht: eine echte Bernsteinkette kostet eben mal so rund 200 bis 300 Euro.
Homöopathische Mittel: Streng genommen darf man homöopathische Mittel nicht prophylaktisch einsetzen – das widerspricht dem Prinzip der Homöopathie, wonach Ähnliches durch Ähnliches geheilt werde (geheilt, nicht vorgebeugt!).
Ätherische Öle: Ätherische Öle weisen unbestritten Wirkungen auf. Zecken werden unter anderem durch Düfte (Buttersäure) angezogen oder eben auch abgewehrt. Geraniol gilt als sehr effizient gegen Zecken. Allerdings ist es – obwohl „Bio“ – keineswegs harmlos: viele Hunde reagieren mit Hautausschlag, Überempfindlichkeiten und stumpfem Fell auf die Anwendung dieses durchaus natürlichen Produktes. Weitere Öle wie Thymian, Oleander, Zitrone etc. weisen keine so markanten Wirkungen auf.
Kokosöl: Dieses Öl enthält einen sehr hohen Anteil an Laurinsäure auf. Diese hat tatsächlich eine abschreckende Wirkung auf Zecken. Es ist – unseres Wissens – neben Geraniol die wirkungsvollste „Bio-Waffe“ gegen Zecken. Man reibt das Hundefell mit Kokosöl ein und der dadurch entstehende Schutz soll rund 6 Stunden anhalten. Allerdings riecht der Hund wie eine Pina Colada – schon für Menschen. Was dieser Duft in der zwischenhundlichen Kommunikation bewirkt ist weder erforscht noch wird er von den Befürwortern der Kokostherapie thematisiert („Riecht lecker“ ist kein hundetaugliches Argument).
Zeckenhalsbänder: Die Wirkungsweise der Zeckenhalsbänder ist immer die Gleiche: Ein Insektizid wird langsam an die Haut des Hundes abgegeben und verteilt sich über das Fettgewebe über den ganzen Hund. Die meisten verwendeten Stoffe sind Pyrethroide und wirken als Nervengift auf die Zecken. Die verwendeten Mittel sind im Wasser löslich und wirken als Bienen- und Fischgift.
Spot-on: Funktioniert im Prinzip wie ein Halsband: ein Insektizid wird auf die Haut aufgebracht und verteilt sich in der Haut. Wirkstoffe und Nebenwirkungen sind identisch mit den Halsbändern.
Tabletten: Aktuell gibt es mit Bravecto ein einziges Produkt in Tablettenform gegen Zecken. Diese Tablette enthält Fluralaner, ein synthetisches Insektizid. Dieser Wirkstoff wirkt auf das Nervensystem von Gliederfüßern, ist im Nervensystem von Säugetieren jedoch inaktiv. Der Wirkstoff wird im Fettgewebe eingelagert und nach und nach über den Kot wieder ausgeschieden.
Fazit: Wer heilt hat recht
Es kann jeder machen was er will, solange er seinen Hund vor Zecken schützt. Nur zwei Dinge sollten Hundehalter tunlichst bleiben lassen: Verunglimpfung anders denkender und die Verbreitung vollkommen falscher Argumente.
Wer Hundehalter, die Tabletten oder Halsbänder verwenden mit „vergiften Sie Ihre Hunde ruhig weiter“ beschimpft, darf sich nicht wundern, wenn er ähnlich blödsinnige Gegenratschläge erhält (umgekehrt gilt natürlich das Gleich). Und wer argumentiert, dass er drei Hunde kenne, die alle dank Bernsteinkette keine Zecken haben, der darf sich nicht wundern, wenn jemand anders als Gegenargument bringt, dass er zwölf Hunde mit Zeckenhalsband kenne, die auch keine Zecken haben – schließlich kennt immer irgendjemand irgendjemanden bei dem irgendetwas irgendwie wirkt.
Bild: bigstockphoto