Der Mensch als solcher ist ja in seiner Wahrnehmung und Vorstellungskraft beschränkt – zm Beispiel in Sachen Geschlecht. Es gibt männlich und weiblich. Was anderes gibt es nicht – ok, mittlerweile sind wir aufgeklärt und wir sehen, dass es auch Hermaphroditen gibt. Bei Pflanzen ist uns dieses Zwittergeschlecht noch vertraut, im Tierreich schon nicht mehr, außer vielleicht noch bei Regenwürmern. Bei Menschen ist es für uns hingegen schon ein absoluter Sonderfall – hart an der Grenze zur Behinderung. Was natürlich kompletter Unfug ist. Dass die Drosophila eigentlich gar kein Geschlecht hat, sondern fast beliebig viele und dass Krokodile je nach Ausbrütungstemperatur zu Weibchen oder Männchen heranwachsen haben wir zwar in der Biologie mal gelernt – richtig verstanden haben wir es aber nicht. Und jetzt das:
Rüdin – weder Rüde noch Hündin?
Der Begriff „Rüdin“ verankert sich langsam in der Welt der Hundehalter. Als Rüdin bezeichnet man eine physische Hündin mit psychichen Rüdenmerkmalen – ein „Weibchen“, das sich benimmt wie ein „Männchen“. Allerdings: Der Hund benimmt sich natürlich nicht, er ist einfach so. Bis heute wird der Begriff „Rüdin“ allerdings noch eher verniedlichend benutzt und bleibt an der Oberfläche, eben bei dem, was wir Menschen sehen: Ein Weibchen, das das Bein hebt. Ob eine Rüdin nun eine Hündin oder ein Rüde ist hängt davon ab, welche Merkmale man als geschlechtsbestimmend ansieht – und das wiederum ist gesellschaftlich bedingt: In unseren Breitengraden wird das Geschlecht ausschließlich über die körperlichen Merkmale definiert – und jedes vom typisch geschlechtsspezifischen Verhalten wird als Sonderform und „speziell“ um nicht zu sagen: abnormal bezeichnet. Nebenbei: In einigen Urvölkern wird das Geschlecht über die Funktion bestimmt: Das heißt eine „Frau“, die gut jagt wird automatisch zum „Mann“ – Geschlechtsdefinition über das Verhalten.
Wie „entsteht“ eine Rüdin
Das körperliche Geschlecht wird bei Säugetieren genetisch bestimmt – via X- und Y-Chromosome. Haben wir gelernt. Ein Fötus hat also grundsätzlich gar keine Chance zu entscheiden, was er denn werden möchte – Ausnahmen bestätigen die Regel, siehe Hermaphroditsmus. Das Verhalten und die charakterliche Disposition eines Welpen basiert aber nicht nur auf der genetischen Grundlage sondern ist sehr stark hormongesteuert. Wenn nun ein Wurf aus 6Rüden und einem Weibchen bestehtm gibt es die Möglichkeit – Möglichkeit ist wichtig, nichts ist zwingend – dass das Verhältnis zwischen Testosteron und Östrogen sehr stark in Richtung Testosteron ausschlägt und die kleine Hündin quasi mit dem Männlichkeitshormon „überschwemmt“ wird – sie bekommt eine dermaßen hohe Dosis Testosteron ab, dass sich ihr Verhalten in Richtung Rüde ausrichtet.
Verhaltensmuster einer Rüdin
Eine Rüdin weißt Verhaltensmuster eines Weibchens und eines Rüdens auf – während der Läufigkeit überwiegen die weiblichen Verhaltensmuster bei Weitem, in anderen Phasen zeigt sie sehr starke männliche Verhaltenmerkmale die unterschiedlich stark ausgeprägt sein können und zudem rassenunterschiedlich sind: Beinheben, Pfotenscharren nach dem Pinkeln, ev. Unverträglichkeit gegenüber Rüden etc. Eine Rüdin kann sich tatsächlich wie ein Rüde benehmen, aber auch alle Zwischenformen sind denkbar.
Ob eine Rüdin nun ein“drittes Geschlecht“ ist, ist definitionsabhängig – körperlich nein. Verhaltensmäßig ja. Wichtig ist, dass man es weiß und ein guter Züchter kann anhand seines Wurfes den Käufer schon mal darauf hinweisen, dass sich Verhaltensmuster einstellen können, die man gemeinhin nicht zwingend mit „weiblich“ umschreiben würde.